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leitartikel

Europa nei opstellen

Peter Feist

„Europa muss sech nei opstellen“, erklärte Nicolas Schmit am Montag ziemlich aufgeregt im RTL-Radio. Gelinge das nicht, werde Europa in der Welt, die sich nun abzeichnet, keine Rolle mehr spielen, warnte der frühere EU-Kommissar, der die „Déclaration de Strasbourg“ mitinitiiert hat. In ihr treten an die 100 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft dafür ein, dass die Europäische Union sich eine „Strategie“ gebe.

Denn die USA haben seit vergangener Woche eine „roadmap to ensure that America remains the greatest and most successful nation in human history, and the home of freedom on Earth“. Im hinteren Teil der von Präsident Donald Trump unterzeichneten National Security Strategy steht unter „Promoting European Greatness“, was Ende voriger Woche für Schlagzeilen sorgte: Europa drohe wegen seiner Einwanderungspolitik zivilisatorische Auslöschung. Der wachsende Einfluss patriotischer Parteien gebe aber Anlass zu „great optimism“, dass es zu einem „revival of spirit“ kommt. Eine Priorität der US-Außenpolitik sollte deshalb sein: „Cultivating resistance to Europe’s current trajectory within European nations“. In einer zweiten Priorität unter dem Stichwort: „Enabling Europe to stand on its feet“, ist von einem „group of aligned sovereign nations“ die Rede, aber nicht von der Europäischen Union. Die wird kein einziges Mal beim Namen genannt.

Der Schluss liegt nicht weit, dass damit Einmischung in die Politik und in Wahlkämpfe in EU-Staaten gemeint ist, vielleicht auch in Großbritannien. Fragen danach wich Trump in einem Interview mit Politico am Montag aus, kam immer wieder auf die Einwanderung zu sprechen und sagte Dinge wie: „Europe, they want to be politically correct, and it makes them weak.“

Wenn die EU, wenn bei allen schwierigen internen politischen Auseinandersetzungen den Rechtsstaat hochhält, ist sie keineswegs schwach. Eher sind es die USA, wo unter Donald Trump der Rechtsstaat erodiert. Doch außenpolitisch ist die EU schwach. Und was überhaupt ihre Rolle als Staatenbund sein soll, ihre finalité über den Binnenmarkt hinaus, diese Frage wurde seit dem vor 20 Jahren gescheiterten Verfassungsvertrag nicht mehr diskutiert. Und genauso, wie die EU über keine eigene Strategie verfügt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, verfügt sie über keine zu ihrem Platz in der Welt. Über keine, die sich der Entfremdung zwischen politischen Prozessen auf der EU-Ebene und der Ebene Mitgliedstaaten zuwendet. Mit einem Plan, wie die Entfremdung sich zumindest verkleinern lässt. Denn sie ist es, die den Bürger/innen auffällt. Nicolas Schmit hatte recht, als er am Montag im Radio sagte: „Mir mussen onbedéngt d’Leit mathuelen.“

Das wird schwierig und vielleicht ist es zu spät dafür. Doch wenn man die US-Sicherheitsstrategie wörtlich nehmen kann, dann liegen EU und USA ideologisch weit auseinander. Dann sind Letztere gegen transnationale Organisationen, wenn die nicht amerikanischen Interessen dienen. Dann wird einerseits der Krieg in der Ukraine zu einem Thema erklärt, das nur Europa angehe, andererseits sieht die US-Regierung in der „outsized influence of larger, richer, and stronger nations“ eine „timeless truth of international relations“. Was sich liest wie ein Bekenntnis zu Einflusssphären und autoritären Machthabern wie Putin, Xi, Modi und Trump selber.

Dem muss die EU etwas entgegensetzen. Zum Beispiel eine eigene Auffassung von Multilateralismus. Das Schlimmste, was ihr geschehen könnte, wäre eine Entwicklung, in der manche EU-Staaten eine Nähe zu Russland suchen, während andere Deals mit den USA anstreben. In so einem Europa der Nationen gäbe es früher oder später Konflikte, vielleicht sogar kriegerische.

Landkonscht

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