. Es handelt sich um einen der besten Beiträge zum Thema Renten.

Lastenteilung

d'Lëtzebuerger Land du 02.05.2025

Äußerte die OECD sich zum Luxemburger Rentensystem, dann tat sie das bisher stets in vorwurfsvollem Ton. Die Leistungen seien zu großzügig, der Renteneintritt besonders früh. Auf lange Sicht könne das nicht gut gehen. Die Politik müsse handeln. Diesen Montag war von der OECD wieder zu den Renten zu lesen, in Kapitel 2 der

Das liegt natürlich auch daran, dass die Rentendiskussion noch keine ist. Noch hat die Regierung nicht gesagt, was sie will. So lange bleiben Gewerkschaften und UEL, die wichtigsten Teilnehmer der Auseinandersetzung, in ihren Lagern. Die politischen Parteien haben ebenfalls keinen Grund, sich weit vor zu wagen. Dann fällt ein Beitrag, der verschiedene Positionen zusammenbringt, wie die OECD das getan hat, auf.

Im Grunde führt die OECD den Ansatz der Rentenreform von 2012 der damaligen CSV-LSAP-Regierung weiter. Der zielt auf eine Lastenteilung ab, jedoch nicht mit aller Konsequenz. Die Aktiven sollen eine Kürzung der Rentenleistungen um 15 Prozent hinnehmen oder mindestens drei Jahre länger arbeiten. Die Rentner/innen werden belastet, sobald die Ausgaben der Rentenkasse ihre Einnahmen aus Beiträgen übersteigen: Dann wird die Anpassung der bestehenden Renten an die Reallohnentwicklung um mindestens die Hälfte gekürzt. Die Betriebe sollen nur im Prinzip beteiligt werden. Im Reformgesetz steht lediglich, dass der Beitragssatz erhöht werden „kann“. Das die LSAP damit einverstanden war, nimmt der OGBL ihr noch immer übel.

Die OECD schlägt mehr Konsequenz vor. Die Kürzung um 15 Prozent, die 2052 voll wirksam wird, würde sie auf 2037 vorziehen. Die Rentenanpassung an die Reallöhne würde für immer gestrichen, nur der Index bliebe. Die Anerkennung von Studienjahren, um ab 60 eine vorgezogene Rente antreten zu können, entfiele. Begründung: Höher Gebildete leben länger, profitieren demnach länger vom Ruhestand. Das legale Renteneintrittsalter und das für die vorgezogene Rente empfiehlt die OECD über die Jahrzehnte mit der steigenden Lebenserwartung zu „indexieren“. Es würde allmählich nach hinten verschoben, um das Verhältnis von beruflich aktiver Zeit und Ruhestand etwa stabil zuhalten. Der Beitragssatz würde um einen Prozentpunkt angehoben. Weil er in Luxemburg mit je acht Prozent für die Beschäftigten und die Betriebe unter den Durchschnitten von OECD, EU und den Nachbarländern liegt, seien zweimal neun Prozent „nicht unbedingt gefährlich“. Zumal in Deutschland bis 2035 eine Erhöhung um zwei Prozentpunkte absehbar sei. Doppelt so viel, wie die OECD für Luxemburg ins Gespräch bringt, und ausgehend von einem Beitragssatz, der in Deutschland schon jetzt zwei Punkte über dem hiesigen liegt.

Der letzte Punkt ist besonders bemerkenswert. Von einer OECD, die in der Vergangenheit immer wieder etwas am Index auszusetzen hatte. Doch eine Rentenreform, die sich verdächtig macht, unsolidarisch zu sein, wäre politisch schwer durchzusetzen. Nicht zuletzt, weil sie am Ende nicht nur für den Privatsektor gelten würde, sondern auch in die Spezialregimes des öffentlichen Sektors übernommen werden müsste. Das macht sie sehr wahlkampfrelevant für 2028. Zur Lastenteilung gehört eine Beitragserhöhung. Es wäre nicht überraschend, wenn sie in Ideen der Regierung auftaucht. Oder wenn diese das als Teil eines Kompromisses einplant, wenn alle Argumente ausgetauscht sind.

Wie viel sich mit einer Beitragserhöhung erreichen lässt, hatte die Generalinspektion der Sozialversicherung im März zur Vorbereitung der Rentendebatte im Parlament vorgerechnet. Ein Prozentpunkt mehr im Beitragssatz brächte Mehreinnahmen von 1,2 BIP-Prozent. Zwei Punkte mehr im Beitragssatz ergäben das Doppelte. Mit der Folge, dass die Rentenreserve dann wohl erst Anfang der 2060-er Jahre aufgezehrt wäre. Dass sich Stimmen erheben werden, die sagen, ein Beitragssatz von je zehn Prozent anstatt von je acht für alle Beteiligten sei im Wirtschafts- und Sozialrat schon mal Konsens gewesen, ist ziemlich sicher. Es ist allerdings schon 50 Jahre her.

Peter Feist
© 2025 d’Lëtzebuerger Land