Die kleine Zeitzeugin

Patriarchale Paranoia

d'Lëtzebuerger Land vom 31.10.2025

So langsam wird es zwar langweilig. Mit ihnen. Den trübseligen grauen Herren, die sich regelmäßig mit Leidensberichten aus ihren Schmollwinkeln in die sie angeblich verbannt wurden zu Wort melden um uns zu sagen, dass sie nichts sagen dürfen. Das sagen sie jetzt schon eine ganze lange Weile und sie sagen es immer wieder und sie sagen es einander vor und ein Leidensgenosse nickt bekümmert und noch einer und ein bekümmertes Nicken geht durch die Lande und viral. Keiner versteht uns! Niemand lacht mehr über unsere lächerlichen Witze! Niemand klatscht, wenn wir Dicke Dicke nennen, alle sind plötzlich krankhaft sensibel, Generation Schneeflocke statt Generation Fossile Energie. Niemand in dieser dekadenten Gesellinnenschaft, psst, dekadent darf Mann auch nicht mehr sagen, versteht mehr den Spaß der Spaß-muss-sein-Gesellen!

Finstere feministische Umtriebe, davon sind die bedauernswerten Herren überzeugt, haben es auf Macht und Gemächte abgesehen, auf das lebenswerte Leben überhaupt. Lauthals rühmen sie das ungeborene Leben, das geborene ist leider weniger rühmlich, den Kinderwagen können Sie dort abstellen!

Die Leidensfront hat viele Mitleidende, in den Talkshows und in Podcasts und Onlinemagazinen und obwohl die Leader-Leider quasi ausschließlich männlich sind, gibt es auch willige weibliche Supporterinnen. Es ist ja auch nicht so einfach für diese Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs, denen die Felle davonschwimmen und die Frauen davonlaufen. Eben saßen sie im Herrenzimmer, rauchten fette Zigarren, dienstbare Geister die bei Bedarf auch Körper zur Verfügung stellten, Gattinnen genannt, versahen sie mit Annehmlichkeiten, dann stürmten sie wieder hinaus ins feindliche Leben. Auch wenn sie nicht über Zigarren und Annehmlichkeiten verfügten, sondern nur übers feindliche Leben, gab es in diesem in aller Regel auch so ein praktisches Gewächs, Weib genannt. Jeder Mann bekam so eine, das war eben so, und das war gut so, das mit Topf und Deckel haute noch hin, das hatte Herr Gott schon gut hingekriegt. Das war bevor die Blaustrümpfe alles durcheinander machten. Bevor der Feminismus ausbrach und die wilden Weiber auf den Topf hauten statt in ihm zu rühren und damit nicht genug, plötzlich wimmelte es von regenbogenfarbenen Woken die über alte weiße Männer herfielen und sie Alte Weiße Männer nannten. Einst waren wir ehrwürdige Greise! Und jetzt müssen die Kinder das Geschlechteralphabet in der Schule lernen!

Alte Haudegen empören sich darüber, dass alle gleich immer empört sind, verbitterte Witzbolde wittern überall Tugendbolde, greise Schlagersänger katzenjammern vor sich hin, Philosophen mutieren zu Trauerklößen und Trübsalbläsern, die Teufelinnen an die Wand malen und zunehmend Symptome patriarchaler Paranoia aufweisen. Ex-Spiegel-Journalisten lecken ihre Wunden in ranzigen Portalen, in denen sie sich verschanzen, suchen gar Zuflucht im Schoß von Mutter Kirche. Die Grufties und Möchtegern-Grufties, manche Herren in der Blüte der Jahre bezeichnen sich schon mit-leidend prophylaktisch und pseudo-selbstironisch als verstoßene Alte Weiße Männer, sprechen einander gut zu und Mut zu, stehen einander seelsorgerisch bei. Noch gar nicht mal so Old-Man-Precht wirft sich sorgenprächtig solidarisch in Falten bevor er uns Angst macht vor dem Angststillstand. Sie empowern einander, wie das mal auf Wokisch hieß und schütten ihr Herz in Selbsthilfe-Podcasts aus, wir können alle an ihrem Leiden teilnehmen. Kumpel Putin ist auch nicht weit, warum wird er aber auch so diskriminiert?

Beinahe wird alte weiße Frau von mütterlichen Gefühlen übermannt, da erscheint Gott sei Dank der Heiland! Heiland Trump ist erschienen! So lang waren die alten beigen Männer mutterseelenallein auf feministischer Flur, dem globalen Feminismus ausgesetzt, aber auch dem hiesiger Prägung, einer besonders abscheulichen Abart. Von Feministinnen gefoltert, von Woken verwirrt, von Moralaposteln verfolgt. Verleumdet, verleugnet, gemobbt. Mundtot. Jetzt kommen wieder die Indianer und die Mohrenköpfe! Hallelujah!

Michèle Thoma
© 2025 d’Lëtzebuerger Land